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Dein Arbeitszeugnis in der Ausbildung: Rechte und Formulierungen

Ob Verkäufer, Kaufmann/-frau im Einzelhandel oder Fachkraft für Lagerlogistik: jeder Azubi hat zum Ende seiner Ausbildung einen Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Wozu dieses Zeugnis dient, was es beinhaltet und worauf Du achten musst, zeigen wir Dir in diesem Artikel.

Dein Recht auf ein Arbeitszeugnis

Nach Abschluss Deiner Ausbildung bzw. beim Ausscheiden aus dem Betrieb hast Du einen Anspruch darauf, dass Dein Arbeitgeber Dir ein Zeugnis ausstellt. Dabei gibt es zwei Arten von Zeugnissen: Das einfach Arbeitszeugnis und das qualifizierte Arbeitszeugnis. Während das einfache Zeugnis eher eine Bescheinigung über Deine geleistete Arbeit ist, beinhaltet das qualifizierte Arbeitszeugnis eine genauere Beschreibung Deiner Tätigkeiten sowie eine Beurteilung der Qualität Deiner Arbeit und Deines Verhaltens.

Dein Arbeitgeber bzw. Ausbildungsbetrieb muss Dir grundsätzlich nur ein einfaches Zeugnis ausstellen. Wenn Du es jedoch verlangst – und das solltest Du tun – dann ist er dazu verpflichtet, Dir auch ein qualifiziertes Zeugnis mit Wertungen zu Deiner Leistung und Deinem Verhalten auszustellen. Du solltest auf jeden Fall auf ein solches Zeugnis bestehen, denn sobald Du Dich bei einem anderen Arbeitgeber bewirbst wird dieser Dich nach einem qualifizierten Zeugnis fragen!

Formulierungen im Ausbildungszeugnis

Ein Arbeits- oder Ausbildungszeugnis darf keine negativen Formulierungen über Dich und Deine Arbeit enthalten! Für Deinen Arbeitgeber ist es daher stets eine Herausforderung, alle positiven und negativen Seiten Deiner Arbeit anzusprechen, dabei aber nur positive Formulierungen zu verwenden.

Du hast Anspruch darauf, dass Dein Zeugnis fehlerfrei, auf Firmenpapier geschrieben sowie sauber und ordentlich ist. Auch darf Dein Arbeitgeber keine einzelnen Textstellen markieren und dadurch hervorheben.
Auf keinen Fall darf Dein Zeugnis Angaben zu Krankheitszeiten, Kündigungsgründen, privaten Angelegenheiten, Abmahnungen oder gar Straftaten enthalten.

Unter Arbeitgebern und Personalabteilungen gibt es eine Art „Geheimsprache“, mit der versucht wird, Noten in Zeugnisformulierungen zu verpacken. Du kannst davon ausgehen, dass auch Dein Arbeitgeber sich an diese Formulierungen halten wird. Er ist dazu jedoch nicht verpflichtet und kann natürlich auch eigene Formulierungen wählen.

So können Sätze in Deinem Zeugnis, die für den normalen Leser positiv erscheinen, durchaus eine negative Bedeutung haben:

  • Er war stets bemüht, seine Aufgaben zu erledigen. = Er hat sich zwar bemüht, hat es aber nicht geschafft…
  • Sie wusste sich gut zu verkaufen. = Sie war eine Angeberin, die eigentlich nichts konnte…
  • Er wusste seine Auffassungen gut zu vertreten. = Er hatte ein zu großes Selbstbewusstsein…
  • Sie arbeitete mit großer Genauigkeit. = Erbsenzähler…

Weitere Entschlüsselungen des Formulierungscodes im Arbeitszeugnis findest Du hier.

Bis wann muss das Ausbildungszeugnis angefertigt sein?

Die Pflicht zur Erstellung des Zeugnisses beginnt für den Arbeitgeber unmittelbar, das heißt sofort nach Ende Deines Aubildungsverhältnisses. Das Gesetz sieht keine genaue Frist vor, wie lange es dauern darf, bis das Zeugnis vorliegt. Auf keinen Fall darf Dein Arbeitgeber die Herausgabe des Zeugnisses an bestimmte Bedingungen knüpfen, z.B. die Rückgabe von Arbeitskleidung oder eines Diensthandys. Im Normalfall sollte Dein Zeugnis innerhalb von 2, maximal 3 Wochen vorliegen.

Was mache ich, wenn ich kein Ausbildungszeugnis bekomme?

Dein Arbeitgeber muss Dir ein Zeugnis ausstellen. Darauf hast Du einen gesetzlichen Anspruch. Wenn Du Anzeichen dafür hast, dass Dein Arbeitgeber Dir kein Zeugnis ausstellen möchte, oder wenn er sich einfach lange nicht meldet, dann solltest Du Dein Zeugnis schriftlich einfordern. Dazu schreibst Du eine kurze Mitteilung an Deinen Arbeitgeber, in der Du ihn auf seine Pflicht hinweist. Wenn Du dies nicht tust, verlierst Du nach sechs Wochen Dein Recht auf Dein Zeugnis.

Sehr geehrte(r) Herr/Frau (Dein Ausbilder/in)

Meine Ausbildung in Ihrem Betrieb (Name des Betriebes) habe ich am (Datum) beendet. Ich habe daher einen Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Dieser Anspruch ist in §16 Berufsbildungsgesetz festgeschrieben.Leider habe ich bis heute kein Zeugnis von Ihnen erhalten, obwohl ich dieses für eine anstehende Bewerbung dringend benötige. Ich möchte Sie hiermit bitten, mir bis zum (2 Wochen später) ein qualifiziertes Arbeitszeugnis auszustellen.

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen

Max Mustermann

Dieses Schreiben solltest Du unterschreiben. Wenn Du noch nicht volljährig bist sollten sicherheitshalber Deine Eltern als gesetzliche Vertreter auch unterschreiben. Schick‘ dieses Schreiben am besten per Einschreiben an Deinen Ausbildungsbetrieb und behalte zur Sicherheit eine Kopie des Schreibens bei Deinen Unterlagen.

Was mache ich, wenn ich ein schlechtes Zeugnis bekommen habe?

Ein schlechtes Zeugnis solltest Du zunächst überprüfen lassen. Dabei kannst Du zum Beispiel ganz einfach die Formulierungen googeln und so einen Eindruck darüber bekommen, was sie bedeuten. Du kannst auf Profis, z.B. von der Gewerkschaft oder von der Handels- und Handwerkskammer bitten, Dein Zeugnis einmal anzuschauen. Wenn negative Formulierungen in Deinem Zeugnis zu finden sind, solltest Du auf jeden Fall dagegen vorgehen. Auch wenn Du Dich mit normalen Formulierungen ungerecht behandelt fühlst, kannst Du Dein Unternehmen bitten, diese zu korrigieren. Dabei solltest Du überlegen, ob Du irgendwelche Belege hast, die Dir positives Verhalten und eine gute Leistung bescheinigen. Dies können z.B. Aussagen von Kollegen oder Vorgesetzten, Dankschreiben, gewonnene Wettbewerbe oder ein gutes Zwischenzeugnis sein. Wenn dies alles nicht hilft, kannst Du vor das Arbeitsgericht ziehen und ein korrektes Zeugnis einklagen. Dies sollte aber wirklich erst der letzte Ausweg sein.